12 Klassiker im Jahr · 2019 · Idas Leseprojekte

12 Klassiker für 2019 | #2 | ‘Siddhartha’

Auch dieses Jahr habe ich mir vorgenommen, jeden Monat einen Klassiker zu lesen. Sechs englischsprachige und sechs deutschsprachige Klassiker stehen nun auf der Liste, die ihr hier einsehen könnt. Diese Bücher, die schon seit Längerem auf meinem Bücherregal verweilen, wurden im Laufe der Zeit aus vielen verschiedenen Gründen als ‚Klassiker‘ bezeichnet und variieren unter anderem besonders in der Länge, dem Veröffentlichungsjahr und natürlich dem Genre.

Im letzten Jahr habe ich meinen ersten Klassiker von Hermann Hesse gelesen und war begeistert! Daher habe ich beschlossen, die Riege der sechs deutschsprachigen Klassiker mit einem weiteren bekannten Werk Hesses anzuführen: dem religiös-philosophischen Klassiker ‚Siddhartha‘ aus dem Jahr 1922.


 

Siddhartha1


H E R M A N N    H E S S E    –    S I D D H A R T H A

Er blickte um sich, als sähe er zum ersten Male die Welt. Schön war die Welt, bunt war die Welt, seltsam und rätselhaft war die Welt! Hier war Blau, hier war Gelb, hier war Grün, Himmel floß und Fluß, Wald starrte und Gebirg, alles schön, alles rätselvoll und magisch, und inmitten er, Siddhartha, der Erwachsene, auf dem Weg zu sich selbst.

Hermann Hesse | Siddhartha | p. 35

 

Hermann Hesses Erzählung trägt den Untertitel ‘Eine indische Dichtung’, und der Name ist Programm. Denn die kurzweilige Geschichte erzählt auf knapp 120 Seiten vom jungen Siddhartha, einem Brahmanensohn, der versucht, seinen Platz in der Welt und damit den Weg zu sich selbst zu finden.

Auf seinem Weg zu seinem Ich, zur Erkenntnis, wer er selbst ist und wer er sein will, lernt er viel über sich selbst, über die Welt und die Menschen, denen er begegnet. Er lernt es zu betteln, in sich zu ruhen und dankbar zu sein, nur, um es in einem anderen Lebensabschnitt wieder zu verlernen, indem er die Kunst der Liebe und des Handels erlernt. Siddhartha muss erkennen: das Leben ist ein einziger Lernprozess, und bei sich selbst anzukommen, erfordert ein ganz besonderes Opfer.

Ihn mußte man finden, den Urquell im eigenen Ich, ihn mußte man zu eigen haben! Alles andre war Suchen, war Umweg, war Verirrung.
So waren Siddharthas Gedanken, dies war sein Durst, dies sein Leiden. – S. 10

Auch wenn ich persönlich keine sehr religiöse Person bin, konnte ich Siddharthas Werdegang gut nachvollziehen und fand sehr viel Weisheit in einzelnen Passagen verborgen. Zudem empfand ich es als sehr interessant, auf diese Weise ein wenig näher mit der indischen Kultur und der Glaubensrichtung des Buddhismus in Kontakt zu kommen. Die Geschichte ist trotz allem eher ein philosophisches Werk, das sich hauptsächlich mit der Suche nach dem Selbst und den Tücken des Heranwachsens  und Älterwerdens befasst.

Süß klang die Sage von Buddha, Zauber duftete aus diesen Berichten. Krank war ja die Welt, schwer zu ertragen war das Leben – und siehe, hier schien eine Quelle zu springen, hier schien ein Botenruf zu tönen, trostvoll, mild, edler Versprechungen voll. – S. 21

Auch in diesem Werk konnte ich nicht umhin, als Hermann Hesses blumige und umschreibende Erzählweise zu bewundern. Sie ist zwar ein bisschen weniger fantasievoll und ausschweifend als im ‚Steppenwolf‘, aber es passt wunderbar zu der Art der indisch angehauchten Geschichte, die Hesse in ‚Siddhartha‘ erzählt. Eine klare Leseempfehlung für alle, die sich auf der Suche nach sich selbst befinden – ganz egal, auf welcher Lebensstufe man gerade verweilt.

All dieses war immer gewesen, und er hatte es nicht gesehen; er war nicht dabeigewesen. Jetzt war er dabei, er gehörte dazu. Durch sein Auge lief Licht und Schatten, durch sein Herz lief Stern und Mond. – S. 42

 


Autor:   Hermann Hesse
Titel:     Siddhartha. Eine indische Dichtung
Verlag:  Suhrkamp
Jahr der Veröffentlichung dieser Ausgabe: 2016; Text folgt der Erstausgabe von 1922
Seiten:   121
Genre:    [Klassiker | Philosophischer Roman]



 

Übersicht der 12 Klassiker im Jahr 2019:

Januar:            Aldous Huxley – Brave New World
Februar:          Hermann Hesse – Siddhartha
März:               Margaret Atwood – The Handmaid’s Tale
April:               Stefan Zweig – Sternstunden der Menschheit
Mai:                 Charles Dickens – Great Expectations
Juni:                 Theodor Fontane – Irrungen, Wirrungen
Juli:                  Jules Verne – Around the World in Eighty Days
August:           Max Frisch – Homo Faber
September:    Bill Bryson – A Short History of Everything
Oktober:         Thomas Mann – Mario und der Zauberer
November:     Henry James – The Portrait of a Lady [abgebrochen]
Dezember:      E.T.A. Hoffmann – Nussknacker und Mausekönig

18 thoughts on “12 Klassiker für 2019 | #2 | ‘Siddhartha’

  1. Hi Ida,

    von Hesse muss ich dieses Jahr auch unbedingt noch was lesen. Ich war ja ähnlich angetan wie du vom Steppenwolf 🙂
    Vielleicht wird es ja auch “Siddhartha”…
    Es hört sich auf jeden Fall wunderbar an!

    Liebe Grüße
    Ricy

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    1. Hesse schreibt aber auch einfach super! 😀 Bei Siddhartha könnte ich mir höchstens vorstellen, dass manchen der religiöse Aspekt nicht ganz so taugt – aber nichts desto trotz ist es eine sehr weise Geschichte. 🙂 Bin gespannt, welches Hesse-Buch es dann bei dir als nächstes wird! 🙂

      Liebste Grüße,
      Ida

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  2. Haaach, ich hab mir Siddhartha gleich nach dem Steppenwolf gekauft, aber jetzt liegt es schon eine Weile unbeachtet im Bücherregal. Aber jetzt bekomm’ ich wieder richtig drauf, wo du so schön an Hesses bildhafte Sprache erinnerst 🙂 Danke dafür!

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