Herzensbücher · Ida reflektiert

Herzensbücher #3 | Michael Ende – Die unendliche Geschichte

Wir alle kennen sie: die Bücher, die wir innig lieben, die wir jedem weiterempfehlen wollen, die in uns Gefühle geweckt haben, die wir selber kaum fassen können, die uns in Welten entführen, von denen wir nicht zu träumen wagen. Ja, meine Lieben, ich spreche von Büchern, die wir ins Herz geschlossen haben – den absoluten Herzensbüchern. Genau unter diesem Namen läuft seit März dieses Jahres eine neue Beitragsreihe von Janika und Sabrina. Monatlich präsentieren sie uns in liebevoller Aufmachung in weniger als 500 Wörtern ihre Herzensbücher, in der Hoffnung, dass sich diese Bücherliebe verbreitet und solche wunderbaren Bücher mehr Aufmerksamkeit bekommen – und ich schließe mich ihnen an.

Der Oktober neigt sich dem Ende zu, kalter Regen, graues Wetter und goldene Sonnenstrahlen wechseln sich ab, und was wäre da besser als ein Buch, das einen sprichwörtlich in eine fremde Welt voller Abenteuer entführt? Das ist genau der Fall bei „Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende – ein Herzensbuch, das ich euch heute ans Herz legen möchte.


 

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M I C H A E L    E N D E    –    D I E    U N E N D L I C H E    G E S C H I C H T E

Wer niemals ganze Nachmittage lang mit glühenden Ohren und verstrubbeltem Haar über einem Buch saß und las und las und die Welt um sich her vergaß, nicht mehr merkte, dass er hungrig wurde oder fror –
Wer niemals heimlich im Schein einer Taschenlampe unter der Bettdecke gelesen hat, weil der Vater oder die Mutter oder sonst irgendeine Person einem das Licht ausknipste mit der gutgemeinten Begründung, man müsse jetzt schlafen, da man doch morgen so früh aus den Federn sollte –
Wer niemals offen oder im geheimen bitterliche Tränen vergossen hat, weil eine wunderbare Geschichte zu Ende ging und man Abschied nehmen musste von den Gestalten, mit denen man gemeinsam so viele Abenteuer erlebt hatte, die man liebte und bewunderte, um die man gebangt und für die man gehofft hatte, und ohne deren Gesellschaft einem das Leben leer und sinnlos schien –
Wer nichts von alledem aus eigener Erfahrung kennt, nun, der wird wahrscheinlich nicht begreifen können, was Bastian jetzt tat.

Michael Ende | Die unendliche Geschichte |  S. 12f.


 

Mit „Momo“ habe ich mich erstmals in Michael Endes Art zu schreiben verliebt. Und dann las ich diesen Sommer zum allerersten Mal „Die unendliche Geschichte“, und ich kann euch gar nicht sagen, wie sehr mich dieses Buch erfüllt hat. Es ist ein Buch, das man am liebsten an kalten Herbsttagen oder an verschneiten Abenden im Winter gemütlich vor dem Ofen eingekuschelt liest. Und es ist auch ein Buch, das einen heimlich, still und leise in eine fremde Welt entführt, die so fantastisch ist, wie es deren Name schon verspricht: Phantásien.

Genau das geschieht auch mit dem Helden dieser Geschichte, einem pummeligen Jungen mit dem klangvollen Namen Bastian Balthasar Bux. Von seinen Mitschülern zum wiederholten Male schikaniert, flüchtet er sich bei strömenden Regen in eine sehr alte, eindrucksvolle Buchhandlung. Hier entdeckt er ein Buch, das ihn wie magisch anzieht und den Titel ‚Die unendliche Geschichte‘ trägt. Damit beginnt für Bastian ein Abenteuer, von dem er nie zu träumen gewagt hätte.

Denn schon mit dem Aufschlagen der ersten Seite, allein, frierend und auf dem Speicher des Schulgebäudes verkrochen, liest Bastian von Phantásien, einem Ort, an dem die kindliche Kaiserin herrscht und in dem die herrlichsten Dinge möglich sind. Doch die kindliche Kaiserin liegt im Sterben, und so erfährt Bastian auch von dem tapferen Jungen Atréju und dem Glücksdrachen Fuchur, die sich zu zweit aufmachen, um die kindliche Kaiserin zu retten. Dass dafür jedoch ein Menschenkind notwendig ist, gestaltet die Aufgabe für die beiden Helden schwieriger als geahnt… und damit öffnen sich Bastian Tore zu einer Geschichte, die er nun selbst mitbestimmen kann.

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„Die unendliche Geschichte“ entführt uns in eine Welt, von der man sich wünscht, man könnte sie selbst besuchen. Michael Ende schafft es dabei, verschiedenste Tugenden, Weisheiten und Lehren mit dem Handlungsstrang zu verweben, dass man sich als Leser entweder getröstet fühlt oder dazu angeregt, selbst ein wenig nachzudenken und sein eigenes Handeln oder Lebenseinstellungen zu reflektieren.

Ansprechend finde ich zudem, dass sich Bastians abenteuerlicher Weg farblich im Buch wiederspiegelt und jedes neue Kapitel von wunderschönen Zeichnungen begleitet wird, die das Geschehen bebildern. Indem man Bastians Geschichte lesend verfolgt, fühlt man sich bald selbst wie ein Abenteurer, der in eine Geschichte hineingesogen wurde und an der Seite der Helden Gefahren bekämpft. Es ist ein wunderbares Buch, das mich auf jeder Seite begeistert hat. Ich habe schon einige Bücher in meinem Leben gelesen, aber dieses hat mir nach langer Zeit wieder das Gefühl gegeben, ein ganz besonderes, spannendes und aufregendes Märchen zu lesen, das vor Fantasie nur so sprüht, und von dem man hofft, dass es niemals endet.

E i n    H e r z e n s b u c h ,    d u r c h    u n d    d u r c h .

 


 

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12 thoughts on “Herzensbücher #3 | Michael Ende – Die unendliche Geschichte

  1. Liebe Ida,
    ich freue mich unglaublich, dass du wieder mit dabei bist. Deine Texte sind immer so schön und du bringst die Liebe zu den Büchern immer wundervoll zur Geltung.
    »Die unendliche Geschichte« habe ich bisher tatsächlich nicht gelesen. Ich kenne nur den Film und habe ihn früher regelmäßig geguckt. Ich weiß auch noch genau wie sehr ich mich an manchen Stellen gegruselt habe (diese große Spinne!) und wie traurig ich an manchen Stellen gewesen bin (wie das Pferdchen da im Moor (?) versinkt)… Oh man!
    Ein tolles Herzensbuch auf jeden Fall. Ich glaube, ich möchte die Geschichte auch nochmal als Buch erleben ❤
    Alles Liebe,
    Janika

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    1. Liebe Janika,

      ich hab mich auch schon seit einigen Tagen auf den 20. gefreut – die letzten paar Beiträge musste ich ja leider aussetzen /o\
      Danke, danke, danke für deine lieben Worte! 🙂
      Übrigens ging es mir so ähnlich – ich habe in meiner Kindheit immer mal ein paar Ausschnitte aus dem Film gesehen, aber nie das Buch gelesen. Aber es hat sich so gelohnt! Eine großartige Geschichte, ich wollte gar nicht mehr aufhören zu lesen und war richtig traurig, als ich auf der letzten Seite angekommen bin. 😀 Und bei der Szene mit dem im Moor versinkenden Pferd Artax musste ich auch die Taschentücher rausholen. 😥 Ich kann es dir nur empfehlen, die Geschichte auch in Buchform zu erleben. ❤

      Liebste Grüße,
      Ida

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