Herzlich Willkommen zurück im Rausch der Trilogien!
Na, wie hat es euch beim Wolkenvolk gefallen, das euch Gabriela in ihrem gestrigen Beitrag vorgestellt hat? Was?! Da wart ihr noch gar nicht? Dann aber husch, zu Gabrielas Blog – danach könnt ihr wiederkommen, denn heute geht es bei mir wieder nach Venedig!
Besser gesagt in das Venedig, das seit Jahrzehnten vom Pharao belagert wird, und in dem bisher die Fließende Königin gewirkt hat, um Schaden von den Venezianern abzuwenden. Wollt ihr wissen, was noch so unter der Oberfläche der alten, sagenumwobenen Stadt schwimmt oder mit mächtigen Pranken auf den Brücken patrouilliert? Dann folgt mir zu den sagenhaften Kreaturen in der Merle-Trilogie!
S A G E N H A F T E K R E A T U R E N
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K a i M e y e r s M e r l e – T r i l o g i e
Als ich euch die Merle-Trilogie von Kai Meyer vorgestellt habe [hier], konntet ihr erahnen, dass sich die Magie dieser Geschichte nicht nur auf die Orte des Geschehens beschränkt, sondern dass der Zauber der drei Bände auch darin besteht, dass Merle während ihres Abenteuers auf allerlei sagenhafte Kreaturen stößt.
Denn sowohl in “Die Fließende Königin”, als auch “Das Steinerne Licht” und “Das Gläserne Wort” wimmelt es nur so vor außergewöhnlichen Wesen. Es gibt Sphinxe, geflügelte Steinlöwen, einen wiedergeborenen Pharao und seine Horuspriester und Mumienkrieger, wandelnde Jahreszeiten in Menschengestalt, den Herrscher der Hölle und seine Untergebenen, die Lilim, und natürlich Meerjungfrauen und Meerhexen und, und, und.
Von all diesen Wesen habe ich mir drei herausgesucht, die mich während des Lesens besonders beeindruckt haben.
D I E M E E R J U N G F R A U E N
Hach ja, die Meerjungfrauen… allein bei diesem Wort hat man schon ein genaues Bild vor Augen: junge Frauen mit Fischschwänzen statt Beinen, langem Haar und sirenenhafter Stimme und meist (Disney sei Dank) von überirdischer Schönheit. Doch die Meerjungfrauen, deren Bekanntschaft Merle macht, sind alles andere als das.
Ja, sie sind schön, mit ihrer hellen, glatten Haut und ihren langen Haaren, doch statt einem Mund besitzen sie ein Maul voll entsetzlich spitzer Zähne. Die Menschen, die sie in den Kanälen gefangen haben, halten sich die stolzen Meerjungfrauen wie Haustiere und spannen sie sich vor die Boote. Es ist ein grausames Schicksal. Doch trotz allem sind sie hilfsbereit, und stellen sich mehr als einmal in die Dienste von Merle und ihren Freunden. Die Meerjungfrauen verehren die Fließende Königin wie eine Göttin, denn auch sie scheint Teil des Wassers zu sein, dass unter und durch Venedig fließt, so viel mehr als eine Leidensgenossin.
Eine ganz besondere Meerjungfrau lernt man schon am Anfang des ersten Bandes kennen: Unke, die Haushälterin des Spiegelmachers Acrimboldo, die aufgrund des Zaubers einer Meerhexe halb Mensch, halb Meerjungfrau ist. Alles an ihr ist menschlich, bis auf das typische Maul der Meerjungfrauen, das sie vor anderen hinter einer Maske verbirgt.
“Hast du Angst vor Unke?”, fragte Junipa.
Merle überlegte kurz. “Nein. Aber du musst doch zugeben, dass sie seltsam ist.”
“Vielleicht wären wir das alle, wenn wir eine Maske tragen müssten.”
– Die Fließende Königin, S. 57
Und Unke ist eine ziemlich coole Protagonistin. Sie hat ihre eigene Bürde zu tragen, doch sie schützt die Waisenkinder mit ihrem Leben und kämpft verbissen um die Befreiung Venedigs. Ihre Vergangenheit ist tragisch, doch sie besitzt die Kraft, das beste aus ihrer Situation zu machen: sie hilft Merle dabei, die Fließende Königin und damit ganz Venedig zu retten und ihre sarkastischen Bemerkungen sind einfach nur herrlich.
D I E S P H I N X
Und noch ein Wesen, das eine wichtige Rolle in der Merle-Trilogie spielt, ist eine Sphinx. Das weit verbreitete Bild der weiblichen Sphinx, einer geflügelten Frau mit dem Unterkörper einer Löwin, die Reisenden Rätsel aufgibt, die sie lösen müssen, trifft auch hier ansatzweise zu.
Auf die geheimnisvolle Sphinx trifft der Leser erstmals im zweiten Band der Reihe, “Das Steinerne Licht”. Hier begegnet einer von Merles Freunden der schönen Frau, die ihre wahre Gestalt mit einem Zauber vor anderen verbergen kann. Sie trägt den klangvollen Namen Lalapeja, hat rabenschwarzes Haar und dunkle Haut, und besitzt den sandgelben Unterleib einer Löwin und ist auch sonst eine exotische Schönheit.
Er hätte nur einen Arm ausstrecken müssen, und er hätte eine ihrer Pranken berühren können, das zarte gelbe Fell, das sie bedeckte und das er eben noch für ein enges Kleid gehalten hatte.
“Sie… Sie sind…”
“Bestimmt keine Meerjungfrau.”
“Eine Sphinx!”, entfuhr es ihm.
– Das Steinerne Licht, S. 85f.
Weil sie eine so zentrale Rolle in der Merle-Trilogie spielt, möchte ich nicht zu viel von ihr verraten. Doch dass Sphinxe viele hunderte, tausende Menschenjahre überdauern können, das stimmt auch für Lalapeja. Ihre Vergangenheit umgibt sie wie ein Schleier aus Geheimnissen, und als der im letzten Band endlich gelüftet wird, ist es überraschend und irgendwie logisch zugleich. Ihre Zauberkräfte sind überwältigend und deuten an, welche Kraft in der Sphinx steckt. Weil es zu viel verraten würde, breite ich über ihre Verbindung mit Venedig einen Mantel des Schweigens und überlasse es euch, beim Lesen überrascht zu werden.
S T E I N E R N E L Ö W E N
Den steinernen Löwen begegnet man, genau wie den Meerjungfrauen, schon recht früh im ersten Band der Reihe. Es sind gewaltige Wesen aus hartem Stein, und die Gardisten patrouillieren auf ihnen durch die Stadt. Wo sie auftauchen, erzittern die Menschen vor Angst. Der Hieb einer Steinklaue, oder der Biss des Steinmauls sind absolut tödlich. Die Steinlöwen sind bedrohliche Wesen, besonders aber deshalb, weil sie von den Gardisten für ihre Zwecke benutzt werden. Da die Steinlöwen zudem beflügelt sind, können ihre Reiter auch aus hohen Lüften Missetäter erspähen und angreifen.
Den Geruch von feuchtem Gestein, muffig und ein wenig modrig, so stark, dass er selbst den Odem der versinkenden Stadt überdeckte.
“Du hast Recht.” Es war unzweifelhaft der Gestank der Steinlöwen, die von den venezianischen Stadtgardisten als Reittiere und Kampfgefährten eingesetzt wurden. – Die Fließende Königin, S. 13
Doch einer der Steinlöwen hat es mir ganz besonders angetan, denn er gehört nicht zu den Reittieren der Gardisten. Im Gegenteil: bevor Merle ihn aus seiner Gefangenschaft befreit, ist er in einem hohen Turm eingesperrt und für die Bewohner Venedigs längst zur Legende geworden. Sein Name ist Vermithrax, und Vermithrax kann etwas, was die anderen Steinlöwen nicht können: sprechen!
“Vermithrax”, entfuhr es Merle, nicht lauter als ein Ausatmen.
Der Uralte Verräter sah sie aus stolzen Augen an. Seine rechte Vorderpfote fuhr mörderische Krallen aus – und zog sie gleich wieder ein. Ein Aufblitzen raschen, hundertfachen Todes. Jede einzelne seiner Pranken war so groß wie Merles Kopf, seine Zähne lang wie ihre Finger. Seine Mähne, obwohl aus Stein, raschelte und wogte bei jeder Bewegung wie seidiges Fell. – Die Fließende Königin, S. 226
Auf Vermithrax’ Rücken beginnt für Merle eine abenteuerliche und gefährliche Reise, hinaus aus Venedig, an den Flotten des Pharaos vorbei, direkt in die Hölle, und immer weiter und weiter. Beim Lesen hatte ich oft den Gedanken, dass ich auch gern einen Gefährten wie Vermithrax hätte. Das würde zumindest den Weg zur Arbeit aufregender und wahrscheinlich um einiges zügiger machen.
Wusstet ihr eigentlich, dass es besonders in China sogenannte Wächerlöwen gibt? Das sind Löwen aus Stein, die mit ihrer beeindruckenden Gestalt die Eingänge von wichtigen Gebäuden bewachen. Fast ein bisschen wie Vermithrax in einem chinesischen Mythos…
Um Chinesische Mythen geht es übrigens morgen in Gabrielas Beitrag zur Wolkenvolk-Trilogie! Das solltet ihr euch auf keinen Fall entgehen lassen!
Im Rausch der Trilogien – Das Kai-Meyer-Special:
27.05.19 Ida: Kai Meyer – Die Merle-Trilogie
28.05.19 Gabriela: Kai Meyer – Die Wolkenvolk-Trilogie
29.05.19 Ida: Sagenhafte Kreaturen
30.05.19 Gabriela: Chinesische Mythen
31.05.19 Ida: 3 Fragen an Kai Meyer
Gabriela: Im Gespräch mit Kai Meyer
Ach meine liebe Ida ❤️
Das ist ein so großartiger Beiteag, der mir thematisch auch richtig richtig gut gefallen hat =) ich liebe ja alles, was mit Mythen und sagenhaften Kreaturen zusammenhängt und da hast du mich voll ins Herz getroffen. Bei dem steinernen Löwen musste ich irgendwie an die Unendliche Geschichte denken, auch wenn ich da mal meine Erinnerungen auffrischen sollte 🙂
Liebste Grüße! ❤️
Gabriela
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Liebste Gabriela,
oooh, ich danke dir! ❤ Der steinerne Löwe hat sich auch gleich einen festen Platz in meinem Herzen gesichert. 🙂
Hach ja, die unendliche Geschichte – auch so ein wunderbares Buch! Das hab ich ja erst vor einem Jahr zum ersten Mal gelesen und es zum Lieblingsbuch gekürt! 😀
Liebste Grüße zurück!
Ida ❤
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Wirklich! 😀 Ich verbinde damit meine halbe Kindheit, weil mir meine Mama unermüdlich daraus vorgelesen hat ♥ (Sollte ich definitiv mal wieder lesen. Definitiv. :D)
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Das finde ich so schön! ❤ Vorlesezeit mit der Mama ist sowieso was ganz besonderes. 🙂
Das solltest du definitiv! 😀
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