Jetzt läute auch ich den Writing Friday 2019 von Elizzy auf meinem Blog ein. Das letzte Jahr war so voller wunderbarer Texte und für mich sehr wertvoller Schreiberfahrungen, dass ich es kaum erwarten konnte, den #writingfriday im neuen Jahr fortzusetzen. Mit einem Monat Verspätung widme ich mich nun also der ersten Aufgabe im Februar:
Schreibe eine Geschichte die mit dem Satz “Jack griff zu seinem Schwert und zögerte dann doch, denn…” beginnt.
D i e E n t s c h e i d u n g
Jack griff zu seinem Schwert und zögerte dann doch, denn seltsamerweise sträubte sich alles in ihm gegen das, was jetzt kommen würde. Mit zitternder Schwertspitze deutete er auf das Wesen, das vor ihm kniete. Ein kräftiger Hieb seines Schwertes nur, und alles wäre vorbei. Das ewige Kämpfen, dieser unbändige Zorn in ihm und sein eigener Ekel gegen sich selbst, all das könnte dann auf ewig der Vergangenheit angehören. Es ist das, was alle von ihm erwarteten, das las er aus ihren Gesichtern, die steinern das Geschehen verfolgten und nicht wagten, einzugreifen. Vorerst. Er musste es tun! Er tat doch das Richtige, oder nicht? Es war, als kämpften in seiner Brust zwei wilde Löwen und auch dort stand in der Schwebe, wie dieser Kampf ausgehen würde.
Dass dies natürlich ein ungünstiger Zeitpunkt war, um seine Waffe zu senken und seine Unentschlossenheit preiszugeben, versteht sich von selbst. Noch war das Glück auf seiner Seite, noch lag der Ausgang dieses Kampfes in seiner Hand. Aber die anderen hinter ihm wurden unruhig, das spürte er. Und während er so dastand und sich der erbitterte Kampf in seiner Seele einem gewaltigen Sommergewitter gleich in seinen Augen widerzuspiegeln schien, ertönte ein trockenes Lachen. Jack kniff die Augen zusammen und bohrte seinem Gegner zur Warnung die Schwertspitze in die Brust, sodass der Unterlegene nach hinten kippte und auf der staubigen Erde aufschlug. Er versuchte, sich aufzurichten, doch Jacks Schwert drückte ihn erbarmungslos nach unten.
„Ja, lach du nur, Rafael“, knurrte Jack, „lach, so lange du es noch kannst.“ Als Antwort darauf richtete sich der andere halb auf, presste sich mit aller Gewalt gegen die Schwertspitze und ergriff die in der Sonne silbern glänzende Schneide mit beiden Händen. Jacks Augen weiteten sich vor Schreck und er zuckte zurück. Damit hatte er nicht gerechnet. Erstaunen und noch etwas anderes mischte sich in seines Gegners Blick. „Du kannst es nicht, Jack“, flüsterte dieser und fuhr mit der Zunge über seine blutige Unterlippe, „du kannst es nicht“, ehe er seine Arme ausbreitete und sich mit geschlossenen Augen auf den Boden zurückfallen ließ, weg von Jacks Schwert.
Schwer atmend machte Jack zwei Schritte zurück. Es stimmte, er konnte es nicht. Wie sollte er sich gegen jemanden wenden, der ihm so viel bedeutete? Seine Wangen röteten sich, als ihm einfiel, wie oft Rafael an seiner Seite war, wenn kein anderer zu ihm halten wollte. Und er? Er war ein Feigling, der sich dazu drängen ließ, seinen besten Freund auszuschließen. Entschlossen steckte Jack das Schwert in die lederne Scheide und drehte sich zu den anderen um.
„Ich mach’s nicht.“
Wie erwartet musterten die anderen ihn mit einer Mischung aus Spott, Hähme und genervter Ungeduld. Außer Ben, der war außer sich. Wutschnaubend rauschte er auf Jack zu und schrie, als gäbe es kein Morgen.
„Entweder du verbannst diesen Loser oder du kannst uns mal am Arsch lecken! Schmeiß ihn raus oder du kannst gleich selber gehen! Der taugt rein gar nichts, und in der Schule will doch auch keiner außer dir neben ihm sitzen! Der ist gerade gut genug um während unserer Treffen die Zigarettenpackungen zu bunkern, damit er den ganzen Ärger bekommt, falls das auffliegen sollte!“ Seine Tirade ging noch eine Weile so weiter, ehe ihn Jacks erhobene Hand unterbrach.
„Gut“, sagte der und wischte sich mit dem Ärmel seines Pullovers Bens Spucke aus dem Gesicht. „Gut, ich gehe. Solche wie euch brauche ich nicht.“ Er reichte Rafael seine Hand, half ihm hoch und gemeinsam machten sie sich auf den Heimweg. Zwei Häuserecken weiter blieben sie stehen, sahen sich an und Jack nuschelte eine Entschuldigung, die ihm ziemlich lahm vorkam. Manchmal macht man Dinge, die ein guter Freund nicht tun sollte, schon gar nicht als bester Freund, und das tat ihm unendlich leid und er schämte sich auch ein bisschen. Aber Rafael grinste, so wie nur Rafael grinsen konnte und schließlich stahl sich auch auf Jacks Gesicht ein breites Lächeln. Jack wusste, er hatte sich richtig entschieden. Die Abenteuerspiele mit den anderen Jungs waren zwar immer cool gewesen, aber ohne Rafael war es einfach nicht dasselbe.
Plötzlich hörten sie einen Tumult aus der Richtung, aus der sie gekommen waren, und Jack fand, dass das ein guter Zeitpunkt war, um zu verschwinden. Auch Rafael war offenbar der Meinung, denn er raunte: „Ich glaube, wir sollten jetzt lieber rennen. Ohne ihre Zigaretten drehen die noch durch“ und klopfte auf seine eckig ausgebeulten Jackentaschen. Mit erhitzten Gesichtern und einem aufgeregten Jauchzen nahmen sie sich an den Händen und rannten durch die von der Abendsonne vergoldeten Straßen der Stadt. Denn das macht man so, als beste Freunde und mutige Abenteurer.
Text: Ida
Liebe Ida!
Eine wirklich interessante Geschichte, zumal sie mit der Wahrnehmung der Realität und der Fantasie spielt. Anfangs dachte ich, wir würden uns in einer mittelalterlichen Fantasygeschichte befinden, bis sich die Sicht dann langsam aber sicher verschob. Sehr schön gemacht!
Liebste Grüße!
Gabriela
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Vielen Dank für deine lieben Worte! ❤
Das kommt dabei heraus, wenn man zwei verschiedene Ideen hat und sich dann denkt: Ich vereine einfach beide Aspekte zu einer Geschichte! 😀
Liebste Grüße und dir ein schönes Wochenende!
Ida
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Hey Ida,
eine spannende Geschicht, selbst nach dem Plottwist. Ich finde es ja faszinierend, wie sehr sich Kinder in der Fantasie verlieren können. Schade, dass viele Erwachsene das verlieren.
Grüße, Katharina
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Danke dir, liebe Katharina!
Das stimmt, viele Erwachsene verlieren diese wunderbare Fähigkeit. :-O Aber vielleicht lesen diese bestimmten Menschen irgendwann einmal eine Geschichte, die es ihnen einfacher macht. :’)
Liebste Grüße,
Ida
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Liebste Ida, dies ist eine wunderbare Geschichte geworden 😀 ich dachte zu Anfangs, es handelt sich hier um zwei erwachsene Männer in einem Kampf, doch deine Version mit den Kids gefällt mir unglaublich gut. 😀 Auch dein Schreibstil ist wundervoll und besonders der Vergleich mit den zwei kämpfenden Löwen fand ich wunderbar gelungen ❤
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Danke liebste Elizzy! ❤ Am Anfang des Schreibprozesses sah ich auch noch zwei erwachsene Männer vor mir, aber dann hatte ich die Eingebung mit den zwei Jungs – und das hat mir so gut gefallen, dass ich es gleich umgeschrieben habe. 😁
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Liebe Ida 🙂
Auch von mir ein Kompliment für den Plottwist und die wirklich süße Geschichte. Du hast einene echt schönen Schreibstil und es liest sich wirklich toll^^
Besonders witzig finde ich, wie ähnlich unsere Anfänge und wie unterschiedlich unsere Plottwists sind, ich habe nämlich die gleiche Writingprompt verwendet 😀
Liebe Grüße,
Tilly
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Hi liebe Tilly!
Danke dir! 🙂 Das hat mich jetzt richtig neugierig auf deine Geschichte gemacht! Ich schau gleich mal vorbei. :’)
Liebste Grüße,
Ida
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Liebe Ida,
das ist ja ein toller Text! Ich habe ihn am Anfang auch in einer ganz anderen Zeit verortet und die Überraschung kam dann vollkommen unerwartet. Richtig toll!
Und wie immer so schön geschrieben. Du hast da so ein Gespür für! ❤
Alles Liebe
Janika
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Ach, liebe Janika! Das ist so so lieb von dir! ❤
Es freut mich ganz doll, dass dir die Geschichte gefallen hat – und dass ich dich mit dem kleinen Plot Twist überraschen konnte. 🙂
Liebste Grüße,
Ida
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Eine sehr schöne Idee, zu dem Satz! 😊💜
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Dankeschön! 🙂
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